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anne im wald
anne im wald


Doris Lösch
Medien, Macht, Einsamkeit                               Aktuelle Videoarbeiten von Felix S. Huber 

Die Schöpfer simulierter Realität haben Macht. Macht wie die mephistophelische Figur 
in David Lynchs "Lost Highway" (1997), die mit einer Videokamera in der Hand den Gang 
der Ereignisse bestimmt und damit über Tod und Leben entscheidet. Macht wie der junge 
Modefotograf in Michelangelo Antoninis "Blow Up" (1966), den die Models umschwärmen, 
um durch ihn zu einer Medienexistenz zu gelangen. Als er allerdings bei Aufnahmen in 
einem Park unversehens einen Mord dokumentiert, wird sein Atelier durchsucht und 
verwüstet. Die Täter setzen alles daran, ihr Tun dadurch ungeschehen erscheinen zu lassen, 
dass sie seine Medienpräsenz auslöschen. Auch Felix S. Huber, dessen neueste Videoarbeit 
"ambient green", nachdem sie in der Kunsthalle St. Gallen und der Galerie Otto Schweins in 
Köln gezeigt wurde, jetzt in der Ausstellungshalle Am Hawerkamp in Münster zu sehen ist, 
spielt mit dieser Verfügbarkeit der Realität im Aggregatzustand der Simulation. ähnlich 
wie Steve McQueen oder Douglas Gordon hat Huber seine Arbeit als Filmenviroment konzipiert. 

Man tritt in eine Parklandschaft ein, die dadurch entsteht, dass die verschiedenen Sequenzen 
dieser filmischen Komposition von vier Beamern grossformatig auf drei aneinandergrenzende 
Wandflächen projieziert werden. Eine Installation, die die Besucher auch technisch mittels 
Bewegungsmeldern in die Szenerie integriert. Die Kamera schwenkt durch dichtes Unterholz, 
über wellige Wiesen und an Waldrändern entlang. Filmische Tableaus mit Fussballspielern, 
Spaziergängern und Joggern haben dokumentarischen Charakter. Wie visuelle Inseln lassen sie 
den Eindruck einer ruhigen Alltäglichkeit entstehen. Doch die Kamera ist auf der Suche. Ihr 
Blick bleibt an einer jungen Frau hängen und beginnt, sie zu verfolgen. Sie geht über Wiesen 
in ein Waldstück hinein. An einen Baumstamm gelehnt bleibt sie stehen, sieht in die 
Kamera und lässt sich mit einem spöttisch melancholischen Blick in den Augen betrachten. 
Worte werden nicht gewechselt, die Kommunikation findet mit der Mimik statt. Später 
treffen wir sie wieder. Sie geht auf eine kleine Lichtung und setzt sich ins Gras. Wie vorher 
ist sie alleine. 
"I am so sad, so sad", klagt eine Stimme aus dem Off, während auf der gegenüberliegenden 
Leinwand zwei ins Gespräch vertiefte Freunde auftauchen. "ambient green" transportiert 
durch die spannungsreiche Beziehung, die sich zwischen den Akteuren, der Kamera des 
Künstlers und den Betrachtern aufbaut, ein zwischen Distanz und dem Wunsch nach Nähe 
oszillierendes Lebensgefühl. Die Parklandschaft zeigt Felix S. Huber dabei als Ort für 
Geselligkeit und Vergnügen. Die drei Hauptfiguren verbleiben allerdings in einer geradezu 
bedrohlich wirkenden Isolation. Zwar empfinden sie die Kamera, die ihnen folgt, bisweilen 
als zudringlich, bewegen sich auf sie zu und scheinen eine Konfrontation zu suchen, doch der 
Dialog wird ihnen verweigert.

Einsamkeit, auch als Gefühl von Verlorenheit auf Reisen und in der Natur, bildet ein Leitmotiv 
der Foto- und Videoarbeiten von Felix S. Huber, der nach einem dreijährigen Aufenthalt in 
New York nun wieder in Köln lebt und an der documenta X teilnahm. In seinem Internetprojekt 
"Arctic Circle", das als virtueller Roadmovie während einer Reise entlang des Polarkreises 
durch Kanada entstand, erzählt er zusammen mit Philip Pocock von der Weite der arktischen 
Landschaft und den schrägen Typen, die sie in armseligen Bars und auf abgelegenen 
Campingplätzen trafen. Auch die 1996 entstandene Videoarbeit "Talking Nature", die er vor 
kurzem zusammen mit "ambient green" in der Kunsthalle St. Gallen zeigte, thematisiert das 
Alleinsein. An die Wand gehefteten Fotografien zeigen eine öde Industriesteppe bei New York, 
in der das Video gedreht wurde. Entlang eines Highways liegen Autowracks, Müll und 
Tierkadaver. 
Auf einer der Schotterstrassen tanzt, in sich selbst versunken, ein junger Mann. Musik dringt 
nur ab und zu aus vorbeifahrenden Autos. Auch hier findet keine Kommunikation statt. Allein 
die Natur spricht. Die Unterhaltung zwischen Gräsern, Büschen, Steinen und Vögeln zeigt ein 
zweiter Monitor. Optisch wirken die Zeilen wie Untertitel. Doch tatsächlich hat das Gespräch 
nichts mit den Menschen, die sich in der Landschaft bewegen, zu tun. Die Natur hat ihre 
eigenen Themen.

Felix S. Hubers aktuelle Videoarbeiten, "ambient green" ebenso wie "Im Rücken den Waldrand", 
die kürzlich im Kunsthaus Zürich zu sehen war, vermitteln das Lebensgefühl von Einzelgängern. 
Sie illustrieren die Einsamkeit in all ihren Facetten. Die Unverbindlichkeit flüchtiger 
Begegnungen, das beziehungslose, selbstvergessene Amüsement und vor allem die 
Widersprüchlichkeit von gegenseitiger Attraktion und Angst vor einer Nähe, die, kaum ist sie 
nicht mehr nur ersehnt, sondern real, bedrohliche Züge bekommt. 
So wird aus der Beat Generation der 50er Jahre, den Hippies der 60er und den Punks der 70er 
im Medienzeitalter eine Lonesome Generation. Was sie alle eint, ist ihre antibürgerliche 
Haltung. Doch wie die Bilder Felix S. Hubers zeigen, haben die 'lone wolves' offenbar den 
Glauben an die subversive und gleichzeitig verbindende Kraft der Ekstase verloren. Nicht 
schwelgerische Exzesse bilden ihr Lebenselexier, sondern die mit Sehnsüchten angefüllte 
Melancholie der Einsamkeit. Um diesen mit Träumen und Ängsten aufgeladenen Zustand 
zu ertragen, brauchen sie die Medien. Fernsehen und Internet simulieren Geselligkeit. 
In der virtuellen Gemeinschaft des Global Village fühlt man sich nicht mehr alleine. Einsam 
ist man trotzdem. Auch das macht die Medien mächtig.

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