widlife and phantasy Christoph Vögele Die Motivwelt von Felix Stephan Huber ist bestimmt von Orten. Die Titel vieler Werkgruppen und Projekte zeugen von der engen Verbindung zwischen künstlerischer Arbeit und jeweiliger Lebensstation: Zürich 1982; Berlin 1986; Köln 1989 Amerikanische Landschaften 1989; Black Sea Diary 1993; Arctic Circle 1995. So sehr sich Huber in seinen Fotos, Fotocollagen, Installationen, Projekten und Computer-Arbeiten um Distanzierung und öffnung bemüht, so eng bleiben Kunst und Leben aufeinander bezogen. Sein Schaffen kann als einziges (Reise-)Tagebuch verstanden werden, als fortdauernde und notwendige Beschäftigung mit den Orten, die ihn umgeben und prägen. Als Reisender, Wanderer, Beobachter und Berichterstatter reagiert er auf Vorgefundenes. Erleben und Erkennen-Wollen gehen Hand in Hand. Mit zeitgemäßen Mitteln setzt Huber die Tradition der Romantik fort. In wenigen Arbeiten des Frühwerks ist der Dialog zwischen erlebendem Künstler- Ich und Welt thematisiert. Hubers Selbstporträt in drei Bildern, 1985, zeigt drei unterschiedliche Formen des Sehens und Sich-Selbst-Sehens. Die erste Arbeit mit dem Titel Arena fokussiert den Standort des Künstlers im Atelier, ohne diesen selbst zu zeigen. Suggeriert wird ein 360°-Sehwinkel, der sich als erleuchtete Arena um den Fotografen schließt. Wir schauen gleichsam mit den Augen des Künstlers in die Runde, versetzen uns in seinen Körper. Bei genauerer Betrachtung der kreisförmig angelegten Fotocollage fällt schnell auf, daß sich dasselbe Motiv eines Tisches diametral spiegelt. Die Rundsicht ist bloße Illusion. Für die Welt hinter unserem Rücken sind wir blind. Das Sehen und Abbilden muß zwingend einseitig bleiben. Mit den Stilmitteln der Collage, überblendung und Unschärfe betont Huber die Unmöglichkeit eines verbindlichen ganzen (Welt-)Bildes. Das Abbild der Wirklichkeit wird ad absurdum geführt, das Wirken des Bildes dagegen intensiviert. Trotz der offensichtlichen Bruch- und Fehlstellen, der poveren Erscheinung der provisorisch montierten Fetzen und Papierbahnen faszinieren Hubers Fotoprojektionen auf Anhieb. Schon ihre schiere Größe beeindruckt; viele sind bis zu vier Meter, manche gar sieben oder fünfzehn Meter lang. Dazu kommt die »filmische« Qualität, welche die Illusion des Raumes mit der Illusion fließender Zeit verbindet. Passanten, Gänge, Straßen, Treppen und Schächte evozieren Bewegungen. Manche Collagen zeigen Zeit-Sequenzen von Ansichten derselben Orte. Der Film kündet sich in Hubers Schaffen früh an. Größe, Bewegungsmomente und der spannungsvolle Einsatz von Licht- und Farbkontrasten ermöglichen ein physisches, unserer alltäglichen Erfahrung vergleichbares Erleben. Die Verbindung zu erlebter Wirklichkeit und wirklichem Erleben ist wichtig. Gleichwohl bleibt der Kunstcharakter von Hubers Werken nie verborgen. Die Kunst wird als individuell nutzbares Modell erkennbar, mit dem wir unsere eigenen Vorstellungen und Erinnerungen realisieren können. Wie beim Lesen von Plänen und Modellen wird ein übersetzen und Imaginieren verlangt. Das uns Vorliegende ist zwar nicht »Welt«, verweist aber auf sie, versucht sie zu erfassen. Huber, der stetig Reisende, ist ein Landvermesser seiner eigenen Orte und Erinnerungen, vermißt sie jedoch offen genug, daß auch wir darin Platz finden können. Es verwundert nicht, daß Modelle und Pläne in Hubers Schaffen auch zu eigentlichen Kunstformen werden konnten. 1986/87 schuf er eine Reihe von dreidimensionalen Karton-Modellen. Indem er seine Fotografien von Menschen und Räumen auf Schachteln klebte, sie dreidimensional collagierte, verlieh er den Abbildern die Dimension der abgebildeten Realität. Das Modell Topologie der Erinnerung, ein vielfach verschachteltes Labyrinth, umfaßt 78 Fotos, die Huber an verschiedenen Orten in Berlin und Düsseldorf, in Zürich sowie auf einer Fahrt durch den Gotthardtunnel aufgenommen hat. Auf einem gezeichneten Diagramm mit der überschrift »Eine Datenbank braucht Daten« hat er sie alle numeriert, lokalisiert und sorgfältig aufgelistet. In seinen Schachtel-Städten, vielfach vernetzten Datenbanken, speichert Huber Schnappschüsse vergangener Zeiten. Die sukzessive Betrachtung des Labyrinths gleicht dem assoziativen Lauf der Erinnerung, bei dem ein Bild das nächste nach sich zieht. So übersichtlich die Liste mit den 78 Einzeldaten des Diagramms, so variantenreich ist deren Verknüpfung im Modell. »Trampelpfade des Alltags, hundertmal abgelaufen, unfaßbar«, schreibt Huber. »Wie Sand rinnt es einem durch die Finger zu Langeweile. Klick und festgehalten, materialisiert, gespeichert. Das Wissen bleibt. Ein wucherndes Gebilde, kein Ende in Sicht, immer Neues lagert sich ab.« Mit großer Konsequenz bezieht Huber Wahrnehmungsfragen auf Existenzfragen. Fragt er nach den Orten des Menschen, ist damit nicht nur das räumliche und zeitliche, sondern immer auch das seelische Befinden gemeint. Innen und Außen sind schutz- und schrankenlos miteinander verbunden. Im erwähnten Selbstporträt in drei Bildern zeigen zwei weitere Arbeiten das nun sichtbare Aus-Sich-Heraustreten. Mit Hilfe der überblendung erscheinen jeweils zwei Selbstbildnisse in räumlicher Staffelung. Mit der Unüberschaubarkeit der Welt lösen sich auch die Grenzen des eigenen Ich auf. Hubers Schaffen ist zumeist auf verschiedenen Realitätsebenen angelegt, etwa seine Skulptur, 1986, die sich als ein collagiertes Bild des Bildes des Bildes zu erkennen gibt. Die zweidimensionale Arbeit zeigt Aspekte des erwähnten dreidimensionalen Schachtelmodells. Nicht allein der Wechsel der Dimensionen, sondern auch das Zusammenstücken der einzelnen Fotopapiere sorgt für Verwirrung. Der Titel Skulptur verdeutlicht das Thema der verschiedenen Realitätsebenen in paradoxer Weise: Obwohl Dreidimensionalität visuell und begrifflich suggeriert wird, handelt es sich bei der fast drei Meter hohen Arbeit um eine zweidimensionale Fotocollage. Darauf finden sich (Selbst-)Porträts in verschiedenen Ansichten. Die divergierenden Einstellungen verweisen auf die Relativität der Blickpunkte und damit auf die notwendig »skulpturale«, ganzheitliche Anschauung von Ding und Mensch. Mit dem Themenkreis von Fragment und Ganzheit zeigt sich nochmals Hubers Verankerung in der Gedankenwelt der Romantik. Zu ihrer Aktualisierung nutzt er in der Serie der 10 Kalenderlandschaften, 1987, die Computer-Technik. Um in jeder Einzelarbeit zugleich eine Vorstellung der gesamten Serie geben zu können, hat er die zehn Landschaften als Kleinbilder an den Rand der großen Fotocollagen kopiert, ganz so, als könnten alle Sujets jederzeit per Tastendruck abgerufen und vergrößert werden. Mit der Erinnerung an das Computerbild wird die Künstlichkeit des Gezeigten betont. Bezeichnenderweise ist etwa der wunderbar sinnliche Herbstwald das Foto einer Fototapete. Zur enttäuschenden Erkenntnis kommt es allein durch einen Hinweis im Katalog, denn als Bild unterscheidet den Herbstwald nichts von den anderen, vom Künstler tatsächlich gesehenen und vor Ort fotografierten Landschaften. Auch bei diesen hat das Künstliche jedoch seinen Anteil: Der Bergbach in einem Berliner Park ist so künstlich wie die portugiesische Stauseelandschaft, die Huber mit Phantasyfilm-Landschaft betitelt hat. Die Vermischung der Realitätsebenen wird von Huber als zeitgenössisches Problem erkannt und reflektiert. Das Spiel mit Echt und Falsch ist ernst gemeint. Das bewußte Brechen der Illusion wirkt nie ironisch, die notwendige Distanzierung macht vielmehr das tiefe Bedürfnis nach Natur und landschaftlicher Weite spürbar. Die Täuschung steht im Dienst der Enttäuschung. Hubers Schaffen ist von einem melancholischen, zuweilen pessimistischen Grundton bestimmt. Mit der Unsicherheit des Wissens und der Mittelbarkeit des Erlebens wächst der Wunsch nach überprüfbaren Daten. Virtuelles und Dokumentarisches wird in Hubers ab 1992 entstandenen Installationen Provisional sprechend konfrontiert. Präsentiert werden Fotos von Betten, die der Künstler in Hotels und bei Freunden benutzt hat. Manche sind vor, andere nach dem Schlafen fotografiert, glattgestrichen oder zerwühlt. Jedes Foto trägt den automatischen Aufdruck der Entstehungszeit und wirkt dadurch authentisch. Die Serie der Bettenbilder erscheint als privates Tagebuch, in das wir fast voyeuristisch Einsicht nehmen. So intim und direkt diese »Reportage« anspricht, so offen ist ihre installative Ergänzung im Raum. Mit braunem Klebeband hat Huber auf Boden und Wände die Länge, Breite und Höhe von virtuellen Betten »eingezeichnet«. Muten diese vorerst seltsam an, wirken Hubers fotografierte Vor-Bilder in ihrer senkrechten Hängung letztlich viel surrealer. Was ist wirklicher: das zweidimensionale Ab- und Fremdbild oder unsere eigene dreidimensionale Vorstellung? Die Nachhaltigkeit von Hubers Provisional-Installationen ergibt sich aus dem steten Pendeln zwischen den Realitätsebenen. Dazu gehört nicht nur das Wechseln der räumlichen, sondern auch der zeitlichen Dimensionen. Die exakten Datierungen von Hubers »Betten-Geschichte« markieren tagebuchähnlich den Verlauf vergangener Reisen, dokumentieren ihre Stationen. Wer auch immer vor den Fotos steht, wird an der fremden Vergangenheit sein gegenwärtiges Erleben ermessen können. Provisorisch, vorübergehend sind nicht nur die Klebeband-Markierungen und die damit geweckten Vorstellungen in unseren Köpfen, vorübergehend waren auch die Aufenthaltsorte des reisenden Gastes, vorübergehend ist der Besuch des Publikums in Hubers Kunstwelt. Manche der Provisional-Installationen, die an verschiedenen Orten gezeigt wurden, konnten aufgrund ihrer Größe und der sehr engen Markierung der Betten auf die politische Realität von Flüchtlingsasylen oder Notschlafstellen bezogen werden. Letztlich handelt es sich bei Provisional aber ebensosehr um eine umfassende, dem zeitgenössischen Leben und Erleben adäquate Lebens-Metapher. Der virtuelle Teil von Provisional ermöglicht dem Publikum ein individuelles Realisieren; erneut wird der modellhafte Charakter von Kunst betont. Unter dem Stichwort des Transfers ist auch ein Computer-Programm zu verstehen, das Huber eigens zu seinen Provisional-Installationen geschaffen hat. An einem PC können die Besucherinnen und Besucher ihr eigenes Schlafzimmer nachstellen oder ein neues imaginieren. Mit einfachen, auf dem Monitor verschiebbaren Symbolen für Betten, Büchergestelle, Kästen und Tische werden die Grundrisse besetzt und die individuellen Einrichtungen gefunden. Dabei fehlen zwangsweise alle persönlichen Ergänzungen wie Bilder, Nippes, Pflanzen oder Familienfotos. Gefragt und angeregt ist sowohl unsere Vorstellungskraft beim zweidimensionalen Umsetzen unserer erinnerten Räume als auch unsere Einbildungskraft bei der dreidimensionalen Realisierung und Ergänzung fremder, von anderen PC-Benutzern gespeicherter Pläne. Wie bei Hubers Collagen regen auch hier gerade die Auslassungen, Bruch- oder Fehlstellen, bei Provisional ist es der fehlende Teil privater Einrichtungsgegenstände, unsere Imagination an. Interessierte sich Huber bei Provisional für den intimsten Innenraum, das Schlafzimmer, beschäftigt er sich in Wildlife Management mit Außenräumen, mit Niemandsland in New Jersey. Erneut verbindet Huber Pläne mit Fotos und schafft damit eine fast dokumentarisch anmutende Forschungsarbeit. Sie reflektiert für Huber eine Erkundungstour vom Zentrum in die Peripherie, in die weißen Flächen der Landkarte. Diese Flächen werden durchkreuzt von Linien, Straßen, Autobahnen, Eisenbahngeleisen, entblößt durch das Nichts, das zwischen ihnen liegt. Weichteile im urbanen Raum könnte man sie nennen. Sie spiegeln in ihrer Gelassenheit die Schnelligkeit und imperiale Ausdehnung einer hektisch agierenden Zivilisation. Schon dreißig Jahre zuvor durchstreifte ein anderer Künstler, gleichsam Hubers mentaler Vor-Gänger, dasselbe Gebiet: »In den 60er Jahren«, schreibt Huber, »machte Robert Smithson in dieser Gegend, wo der Passaic- und Hackensack-River sich durchschlängeln, seine Erkundungstouren. Damals dokumentierte er die Monumente einer romantischen Industrielandschaft. Inzwischen hat sich einiges verändert. Die brachliegenden Flächen wurden oder werden saniert, teilweise entgiftet der neuen Nutzung zugeführt. Müllhalden werden zu ÝWildlife Management AreasÜ. Die Stadt dehnt sich aus, die weißen Flächen wandern weiter ins Grüne hinaus.« Hubers Arbeit Wildlife Management spricht von der Aufmerksamkeit, das einem sonst unbemerkten Gebiet zukommt. Mit seinen großflächigen Schau-Bogen, auf denen er mit Landkarten und Fotos das Gebiet scheinbar wissenschaftlich aufnimmt, simuliert und relativiert er das besagte Management, mit dem sich nun Amtsstellen für das Brachliegende engagieren. Die Lückenhaftigkeit der Erfassung ist offensichtlich. Auch wenn der jeweilige Ort der Fotografien gewissenhaft auf den Plänen eingetragen wird, bleibt ein Gesamtbild des Gebietes illusorisch. Im wahrsten Sinne des Wortes ist es abermals unserer Illusion überlassen, aus zweidimensionalem Stückwerk eine dreidimensionale Vorstellung zu schaffen. So bescheiden der Anspruch, so unperfekt die Montage und Präsentation, so stimmungshaft wirken die Einzelbilder. Der weite Raum, Sonne und Wind werden spürbar, die Geräusche der Autobahn, der Eisenbahnlinie hörbar, Fluß und Pflanzenwelt, der Gestank der Mülldeponie riechbar. Die Zeit fließt, im Kommen und Gehen der Fahrzeuge, im Wechsel von Lärm und Ruhe wird sie als Rhythmus bemerkbar. Als Spurensucher und Spurensicherer geht es Huber weniger um das Festhalten als um das Wahrnehmen von Bewegungen in Zeit und Raum: Veränderung als Prinzip des Lebendigen.Mit dieser Haltung muß für Felix Stephan Huber das Reisen, leibhaftig oder per Internet, zur Notwendigkeit werden. Nachdem er bereits 1993 mit Philip Pocock, einem kanadischen Künstlerkollegen, von Deutschland über Ungarn und Rumänien ans Schwarze Meer gereist war, unternahm er mit demselben Partner 1995 einen Trip über den Polarkreis von Vancouver zum Polarmeer. Beide Fahrten waren mit künstlerischen Projekten (Black Sea Diary, Arctic Circle) verbunden, in denen Reportage und Kommunikation zentrale Anliegen waren. Mit Hilfe moderner Technologie wurden nicht nur die Eindrücke in Wort und Bild festgehalten, sondern per Fax oder World Wide Web auch verbreitet. Beim Projekt Arctic Circle wurde ein Internet-Austausch als zeitgemäße Kommunikationsform angeboten. Gerade bei der Polarkreis-Reise lag diese auch aus inhaltlichen Gründen nahe, wie Pocock schreibt: »Arctic Circle is an interactive performance project investigating contemporary loneliness in both its natural and cybernetic contexts.« Die Einsamkeit der Polarkreis-Bewohner und die Einsamkeit der Internet-Surfer werden aufeinander bezogen, als zeitgenössische Condition humaine wahrgenommen und nüchtern reflektiert. Im Internet-Projekt A Description of the Equator and some ¯therLands, das Huber, Pocock, Udo Noll und Florian Wenz 1997 an der documenta X in Kassel präsentierten, findet Arctic Circle eine Fortsetzung. Das Internet erlaubt nicht nur das »Reisen« von Informationen, es motiviert zugleich seine Benutzer zu gemeinsamen Reisen, gegenseitigen Besuchen: Wege aus der Isolation. Seit jeher hat Huber auf den Wert der Kommunikation gesetzt, seine Installationen und Projekte sind ganz auf die Betrachterin, den Benutzer ausgerichtet. Die Wirklichkeit seiner Kunstwerke ist deren Wirken. In der Doppelprojektion Im Rücken den Waldrand, 1997, welche vom Publikum interaktiv bestimmt werden kann, findet der Wunsch nach Kommunikation seinen intensivsten Ausdruck. Die frontale Begegnung mit einer gefilmten »Partnerin«, das schmerzliche Nicht-Zueinander-Kommen prägt sich tief ein; trotzdem ist eine Distanznahme weder räumlich noch seelisch möglich. Unsere Schritte im Raum lösen über Bewegungsmelder unterschiedliche Filmsequenzen, sprich »Reaktionen« aus, die Annäherung oder das panische Wegrennen der jungen Frau. Immer stärker befällt uns bei diesen sprachlosen Begegnungen das Gefühl von Voyeurismus und Täterschaft. Das suggerierte Paradies mit Bäumen und Vogelgezwitscher verkehrt sich ins Gegenteil. Die Idylle wird zum Käfig, zur Falle, in die sowohl »Täter« als auch »Opfer« geraten sind. Der nämlichen Verbindung von scheinbarer Idylle und Bedrohung begegnen wir in der Video-Installation ambient green, 1997, die Huber im Kölner Stadtwald aufgenommen hat. Finden wir schon bei Wildlife Management das menschliche Eingreifen in die Natur angedeutet, ist ihre Zähmung bei der Parklandschaft von ambient green offensichtlich. Im Zentrum steht die Frage der Freiheit, die man der Natur gibt oder nimmt. Im Park ist diese ganz den Wünschen des Menschen angepaßt, Veränderungen sind nur innerhalb bestimmter Grenzen zugelassen. Angestrebt werden »ideale«, menschlichen Ideen entsprechende Zustände. Auch in ambient green scheinen die Figuren eingeschlossen und verlassen, verunsichert oder bedroht. Die Erscheinung und das Erleben der auf verschiedene Wände ausgerichteten Projektionen erinnert an Träume. Wir sind von Bildern allseitig umgeben, intensiv sind ihre Farben, fließend die Bewegungen, unfaßbar das Geschehen zwischen Verzauberung und Bedrohung. Die Traumbilder verbinden räumliches und seelisches Befinden. Der Transfer zwischen inneren und äußeren Bildern, zwischen Kunst und Leben ist auch Thema von Hubers jüngster, für unsere Ausstellungen geschaffenen Doppelprojektion V-World. Der Buchstabe V kann sowohl für Video wie für virtuell stehen, Motive sind Videotheken in Berliner Vororten, anonyme Wohnblöcke der siebziger Jahre, Straßenfluchten, kleine Einkaufszentren, die Lichter von Ampeln und Schildern. Hubers V-World ist ein urbanes Gegen- und Nachtstück zu ambient green und von der gleichen Melancholie und Ungewißheit bestimmt. Zur städtischen Szenerie kommen ihre Menschen hinzu, die Kunden der Videotheken. Sie begegnen sich, sprechen über Filme, erinnern und finden sich. Wer zwischen Hubers Doppelprojektion tritt, wird gleichsam in die Mitte genommen, zum stummen Zuhörer der Gespräche, zum Partner. Ein Gefühl des Zusammen-Kommens und Sich-Verstehens gibt den langweilig tristen Orten etwas Wärme, nicht das Leben, sondern die Kunst ermöglicht sie. Daß Kunst Ausgangspunkt für Lebendiges, Wirkliches werden könnte, ist wohl auch Felix Stephan Hubers Wunsch. Seine Werke sind Ort-Zeit-Raum-Träume, die zwischen allen Dimensionen fließen, durch ihre Offenheit anregen, Sehnsüchte wecken: Lebens-Modelle, die auf unsere Verwirklichung warten. Christoph Vögele